Das vollständige Interview zwischen Oliver M. Bassler, Landeskoordinator Content für die Schweiz und mir, Steffi.
- Interview veröffentlicht am 12.09.2021 auf https://news-ch.kirchejesuchristi.org/artikel/mein-leben-verlief-nicht-immer-nach-meinen-vorstellungen, sowie im regionalen Teil des Liahonas im Januar 2022 gedruckt.
Auf Stefanie Mücke aus dem Pfahl Stuttgart sind in den letzten Jahren viele Menschen aufmerksam geworden. Mit Ihren „Zauber Zeilen“ und den künstlerisch gestalteten Studiertagebüchern z.B. zur Generealkonferenz oder den Heiligen Schriften hat sie bereits viele Herzen berührt.
Für diese Projekte erhielt sie für das Buch Mormon (das gegen Ende des Jahres neu erscheinen soll) und Lehre und Bündnisse die offizielle Lizenz der Kirche.
Steffis Leben ist nicht immer so verlaufen, wie sie es sich gewünscht hat. Oliver möchte von der Künstlerin mehr über ihr Leben und ihre Arbeit erfahren.
Steffi, du hast vor 2,5 Jahren mit „Zauber Zeilen“ angefangen. Was ist deine Motivation dahinter und wie bist du dazu gekommen?
Naja, so ein Projekt fängt man nicht von einem Tag auf den anderen an. In Wahrheit hat es sich über Jahre entwickelt und ich sehe nun, wie der Herr meine Wege in diese Richtung von Anfang an geführt hat.
Ich habe in den Jahren von 2014-2018 sehr intensiv mit den Jugendlichen und anderen Jungen Erwachsenen bei FSY dienen dürfen. Ich liebte diese Tagungen, die Zeit mit den Jugendlichen und die Wochen der Vorbereitung. In dieser Zeit lernte ich sehr viel über Christus und sein Evangelium kennen. Ich machte mir viele Gedanken, wie wir selbständiger im Evangelium werden können und solche Erfahrungen mit dem Heiligen Geist im täglichen Leben sammeln konnten. Ich überlegte oft, was WIR in dieser schwierigen und turbulenten Zeit wirklich brauchen, worauf wir unseren Fokus tatsächlich legten. Und worin wir manchmal vielleicht scheiterten. All diese Gedanken bezogen sich nicht immer nur auf die Jugendlichen, sondern ich übertrug das ganz frei auf das WIR, als Mitglieder der Kirche.
In meinem Umfeld und in meiner kleinen Gemeinde sah ich zu viele meiner Freunde im Evangelium straucheln und fallen. Zu viele, die sich nie wirklich ein eigenes Zeugnis erarbeitet hatten. ZU VIELE, die die Hand des Herrn irgendwann los ließen und sich von der Kirche abwandten. Zu viele, die nicht wussten, wie sie eigenen Offenbarungen erlangten.
Ich spürte, nachdem die FSY-Tagung 2018 vergangen war, dass sich dieses Kapitel in meinem Leben nun schließt. Etwas wehmütig fühlte ich, dass der Herr mich in einem anderen Werk brauchte. Doch wie und was er mit mir vorhatte zeigte sich erst ein paar Wochen später.
Zu dieser Zeit, sah ich viele kirchenbezogene Hilfsmittel in den Sozialen Medien, die es scheinbar NIE über den Atlantik schafften. Warum war es so schwer, dass sie nie nach Europa kamen? Lebten wir also doch weiter von Salt Lake City, dem Kirchenzentrum, weg, als wir es uns dachten? Warum machten sich so wenig Sorgen und Gedanken HIER in unserer Umgebung über Produkte, die ein Hilfsmittel in unserem Alltag als Gläubige der Kirche sein könnten.
Ja, wir sind wenige im deutschsprachigen Raum, die der Kirche Jesu Christi angehören. Doch das bedeutet doch nicht, dass der Herr uns nicht sieht. Dass er uns hier im trockenen lässt. Und wenn sonst niemand die Arbeit bis jetzt auf sich genommen hatte, spürte ich allemal den Drang dafür einzustehen und die Arbeit selbst zu tun. “Erschaffe die Dinge, von denen du wünscht es würde sie geben.” Dieses Zitat gab den letzten Anstoß. Wünsche und Verbesserungsvorschläge hatte ich allemal. Ich war es leid zu sehen, dass so viele ihr Zeugnis in unseren Reihen verloren. Ich spürte, dass es JETZT wichtiger denn je war, unser Zeugnis zu stärken, an der eigenen Bekehrung zu arbeiten.
Das war mein Ansporn überhaupt in diese beängstigende Richtung der Selbständigkeit zu gehen. Und ich bereue keinen einzigen Schritt der dann auf mich zukam. Ich hatte viel zu lernen, kannte mich überhaupt nicht aus, doch der Herr ließ mich nie im Stich. Es war sein Werk und alles was ich zu tun hatte, war seinem Plan zu vertrauen.
Du hast vor kurzem auf den sozialen Medien veröffentlicht, dass dein Leben nicht immer so verlaufen ist, wie du es dir vorgestellt hast. Kannst du dazu mehr berichten?
Ja dieser Beitrag hat eine kleine Runde gemacht. Ich war ganz überrascht über diese Resonanz. Ich habe davon berichtet, was ich als ca. 16-23 jährige über mein Leben so gedacht hatte. Über meine Pläne, Vorstellungen und Wünsche, wie es doch am Besten verlaufen sollte: beruflich, privat, zeitlich. Das waren doch rechtschaffene Wünsche, was sollte der Herr denn dagegen auszusetzen haben? Doch der Herr hatte da tatsächlich viel mitzusprechen.
Als Beruf wäre ich gern in die Modedesign und Kunstrichtung gegangen. Schon als kleines Mädchen war ich fasziniert davon. Aber nein. Der Himmlische Vater zeigte mir Fähigkeiten, die in mir schlummerten und ich wurde Ergotherapeutin. In meinen fast 10 Jahren im Beruf durfte ich viele gebrochene Herzen aufrichten, Hoffnung schenken und müde Muskeln stärken. Was für eine tolle Segnung. Noch heute arbeite ich Vollzeit in einer Praxis und leite neue Schüler dabei an, ihren Blick für die Therapie zu schulen. Mit den Jahren musste ich lernen, dass ich auch hier für den Herrn arbeite, selbst wenn es absolut nichts mit dem Evangelium zu tun hat. Es gibt überall einen Kampf gegen Satan zu kämpfen. Und hier geht es um seine Macht auf den Geist und den Körper. Wenn ich es schaffe, dass die Gedanken hoffnungsvoller und positiver sind, wenn jemand über sich hinauswächst, neue Fähigkeiten erlernt, hat Satan ein Plätzchen weniger Raum, um zu wüten. Eine andere Vorstellung von mir war es, ganz unkompliziert mit 21, spätestens 23 verheiratet zu sein. Ich dachte immer: Es kann ja nicht so schwer sein die bessere Hälfte zu finden. Ich habe mich niemals als Single in der Zukunft vorgestellt. So ein Gedanke gab es gar nicht. Das war nicht meine Zukunft. Es war mir ganz klar, dass ich schnell jemanden finden würde. Ich war doch recht liebenswert. Die Antwort darauf kann ich heute belächeln und mit einem großen “Nein” wiedergeben. Aber was ich alles über mich in dieser Extra-Zeit als Single lernen durfte ist ENORM! Ich habe so viel „Zeit“, die der Himmlische Vater mit vielen Ideen, Aufgaben und Berufungen füllt. Er schenkt mir Menschen, Familie und Freunde, die mein Leben bereichern und ich nie allein bin. Klar hätte ich es gern anders, aber so wie es ist ist es auch gut. Ich kann es in vollen Zügen genießen und sehe, dass der Herr alles in seiner Hand hält und es für alles eine gewisse Zeit gibt. Auch zum Thema KINDER gingen meine Wünsche mit dem Plan des Herrn konträr. Ich liebe Kinder und war fest davon überzeugt recht bald Mutter zu werden. Niemals wollte ich eine “alte” Mama werden. Spätestens mit 25 wollte ich das Thema angehen. Auch diese Vorstellung ging bisher nicht auf. Der Himmlische Vater wusste, dass ich genau JETZT woanders gebraucht werde. Meiner Meinung nach wäre NIE im Leben “Zauber Zeilen” entstanden, wenn ich ein stressiges Familienleben und kleine Kinder um mich hätte. Ich würde sie niemals hinten anstellen.
Wenn ich das alles betrachte sehe ich mit vollkommener Zuversicht, dass der Herr das große Ganze sieht. In seiner Hand bin ich in Sicherheit. Er kennt die Wünsche meines Herzens und noch so viel mehr. Er weiß zu was wir fähig sind und führt uns zum Besseren, wo auch immer das sein mag, wenn wir es zulassen und seinem Plan vertrauen.
Ich wollte nie das machen, was ich jetzt mache. Ich hatte nicht einmal die Fähigkeiten dazu. Aber ich kann Zeugnis geben, dass der Herr aus Schwachheit Stärke macht. Ich bin so dankbar, für das was ich heute habe und nie wusste, dass ich das brauchen werde und deswegen auch glücklich bin. Ja ich bin glücklich, auch wenn alles anders aussieht, als ich es mir bewusst ausgesucht hätte. Das Leben ist voll Hoffnung und wunderschön. In dem Sinne, wie es nicht nach meinem Plan läuft, läuft es absolut nach Plan. Das habe ich gelernt.
Was bedeutet dir in diesem Zusammenhang dein Glaube an Jesus Christus und wie lebst du diesen im Alltag?
Glaube ist das Fundament aller Hoffnung. Glaube an Jesus Christus gibt mir Kraft die Prüfungen meines Lebens zu bestehen und weiterzumachen, auch wenn es schwer wird. Daher ist es wichtig, dass wir uns im Alltag oft Inseln suchen, um unseren Geist und unsern Glauben zu nähren. Zum Beispiel in dem wir die Heiligen Schriften auf uns persönlich beziehen. Das hört sich unspektakulär an, aber das ist es nicht. Es ist HERAUSRAGEND, belebend und spannend. Es ist unsere Rettungsleine vom Himmel. Nur so kann mein Geist bereit sein die Hand des Herrn in meinem Alltag wahrzunehmen. Gott zeigt sich mir meist in den kleinen Dingen des Lebens. In einem Sonnenuntergang, einem netten Kontakt auf der Arbeit, ein schöner Blumenstrauß aus meinem Garten, in einer spontanen Nachricht einer guten Freundin, in der Lösung eines Problems, ein Fröschchen auf meiner Terrasse, im Kerzenschein am Abend. Diese kleinen Details machen mein Leben wunderschön und liebenswert. Wenn ich meine Wahrnehmung darauf schule, wie Gott sich in meinem Leben zeigt, und diese Momente in meinem Alltag erkenne, fühle ich mich getragen und wertgeschätzt. Das stützt meinen Glauben, nicht weil jeder Tag reibungslos verläuft, ganz im Gegenteil, aber weil ich versuche Gott in meinem Leben siegen zu lassen. Ich entscheide mich täglich lieber das Licht zu sehen und konzentriere mich auf das Gute, suche es in schwierigen Situationen als Anker. Vieles hängt von unsererer inneren Einstellung ab. Gott ist in den Details. Da finde ich ihn.
Du bist aktuell Leiterin der Frauenvereinigung deiner Gemeinde. Was gibst du Frauen - als alleinstehende Frau - mit auf den Weg?
Ich mag das Wort “alleinstehend” nicht. Das bin ich nicht und so fühle ich mich auch nicht. Wenn wir den Blickwinkel ändern, sehen wir solche Kategorien auch nicht. Aus der Sichtweise des Herrn sind wir alle Mitglieder der Kirche Jesu Christi. Ich bin ein Kind Gottes, egal wie mein Familienstand ist. Ich arbeite an meinem Zeugnis und habe Gott an meiner Seite, wenn ich mich für ihn entscheide. Er kann mich als sein Werkzeug sowohl ledig, als auch vergeben, nutzen. Wirklich “allein” zu sein und sich so zu sehen, ist meiner Meinung nach eine Entscheidung. Ich bin eine von ganz vielen einzelnen und individuellen Frauen in der FHV. Jede steht an einem anderen Punkt in ihrem Leben und das macht es so spannend und lehrreich. Wir profitieren voneinander, wenn wir es zulassen.
Ich als momentane FHV-Leiterin fokussiere mich auf das HIER und JETZT. Darauf, das Evangelium einfach zu halten. Nicht so viel zu verkomplizieren und an alten Muster festzuhalten. Kirche soll spaß machen und aufbauend sein.
Meine Berufung kam kurz vor der Pandemie und es ist wahrlich keine leichte Aufgabe alles über Wasser zu halten. So viel hängt von der Gemeinschaft ab. Wenn wir mehr zusammenrücken fällt Jedem das Jünger-sein leichter, man kann sich auf dem Weg zurück zum Herrn stärken und weiter vorangehen. Doch über die Distanz war das anfangs recht schwer. Ich konnte dem Ansturm an individuellen Bedürfnissen gar nicht gerecht werden, vor Allem weil wir eben ein kleiner Zweig sind, mit nur wenigen aktiven Mitgliedern, die auch Aufgaben übernehmen. In vielerlei Dinge mussten wir alte Muster aufbrechen, uns anders organisieren und dabei neue, kreative Wege gehen. Es hat mir geholfen ganz eng im Austausch mit meinen Ratgeberinnen zu stehen. Ihre Ansichten zu hören, davon zu lernen und manche Dinge auch Gott zu überlassen. Er ist hier am Werk. Es ist seine Gemeinde. Ich trage nicht die Verantwortung über die Entscheidungen anderer. Alles was ich tun kann ist eine Freundin zu sein und immer wieder dazu einladen, Geistigem mehr Raum zu geben.
Und als letzte Frage: Was sind deine Zukunftspläne, Hoffnungen und Wünsche und auf was können wir uns bei den “Zauber Zeilen” freuen?
Mein Zukunftsplan beruht darauf: Gott so nah wie möglich zu bleiben. Ihm zu vertrauen und Freude auf dieser spannenden Reise durch das Leben zu haben. All meine Wünsche von Früher sind natürlich nicht vergessen, aber ich habe aufgehört die Zeit darauf in Bezug zu nehmen. Ich weiß, dass der Herr seine Verheißungen und Versprechungen halten wird. Sein Wort wird sich gänzlich erfüllen. Es liegt nicht an mir ihm meinen Zeitplan vorzulegen, sondern jetzt mich persönlich besser darauf vorzubereiten, dass er mich damit segnen kann. Er wird sicher den richtigen Moment für mich finden.
Na bei “Zauber Zeilen” kann man sich weiterhin auf viel Licht, Freude und Inspiration einstellen. Meine Pläne sind natürlich noch lange nicht erschöpft und mein Kopf sprudelt nur so vor Ideen und Projekten. Momentan mache ich das ja alles in meiner Freizeit, nebenberuflich nach meinen regulären 8h Arbeit. Das ist schon eine Herausforderung und ich muss oft mit meinen Prioritäten jonglieren. Wenn ich es mir irgendwann finanziell ermöglichen kann, würde ich mich gern in der Zukunft 1-2 Tage in der Woche voll und ganz auf diese tollen Aufgaben und Projekte konzentrieren. Das bedeutet ein weiterer Schritt in die Unsicherheit. Aber auch ein Schritt mehr, um für Mitglieder in unserem Raum ein Anker an Gutem, in dieser schwierigen Zeit, sein zu können.
Das vollständige Interview zwischen Oliver M. Bassler, Landeskoordinator Content für die Schweiz und mir, Steffi.
- Interview veröffentlicht am 12.09.2021 auf https://news-ch.kirchejesuchristi.org/artikel/mein-leben-verlief-nicht-immer-nach-meinen-vorstellungen, sowie im regionalen Teil des Liahonas im Januar 2022 gedruckt.
Alles Liebe, Steffi
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